Erst Anfang des 19. Jahrhunderts entstand nach der Reformation in Petershagen eine neue katholische Gemeinde. Im Jahre 1847 wurde an der Kirchstraße (heute Auffahrt zur L770) ein altes Wohnhaus als Gorgonius-Kapelle ausgebaut und seit der Zeit wurden in Petershagen auch eigene Geistliche eingesetzt. (s. Geschichte St. Johannes Baptist)
Als fünfter in der Reihe der Petershäger Geistlichen war von 1886 bis 1905 Wilhelm Hohoff tätig, der als „Roter Priester“ weit über Petershagen bekannt wurde.
Wilhelm Hohoff wurde vor 175 Jahren am 09.02.1848 im sauerländischen Medebach als Spross einer kleinbürgerlichen Familie geboren. Nach seiner Priesterweihe 1871 war er zunächst auf Schloss Hüffe bei Lübbecke als Hausgeistlicher tätig, bevor er 1886 als Pfarrvikar nach Petershagen kam.
Neben seiner seelsorgerischen Arbeit war er wissenschaftlich im Spannungsfeld zwischen der katholischen Kirche und dem damals entstehenden Sozialismus tätig. Bei seiner Beschäftigung mit den Theorien von Karl Marx fielen ihm Parallelen zur Wertlehre des großen mittelalterlichen Theologen Thomas von Aquin auf. Die zentrale Erkenntnis, die er bei beiden Autoren findet, ist, dass materielle Dinge wie Geld, Rohstoffe oder Maschinen von sich aus keinen Wert hervorbringen oder vermehren können, „sondern dass die Ursache und Quelle allen Wertes einzig und allein die menschliche Arbeit ist“.
Er pflegte eine umfangreiche Korrespondenz mit namhaften Zeitgenossen wie August Bebel, Max Adler, Friedrich Engels, Wilhelm Liebknecht, Lew Trotzki u.v.a. und veröffentlichte zahlreiche Schriften. Eine seiner bedeutsamsten Thesen war, „dass nicht Christentum und Sozialismus, sondern Kapitalismus und Christentum sich einander gegenüberstehen wie Wasser und Feuer”.
Trotz seiner wissenschaftlichen Bedeutung hat Hohoff in der katholischen Kirche keine Karriere gemacht. Seine Versetzung nach Petershagen in die Diaspora geschah eher gegen seinen Willen. Im Jahre 1905 wurde Hohoff auf eigenen Wunsch vorzeitig pensioniert. Er lebte bis zu seinem Tod am 10.02.1923 in Paderborn und widmete sich dort vollends seinen Studien.
Nachdem die Ansätze von Wilhelm Hohoff zunächst von der katholischen Kirche missbilligt wurden, gab es jedoch in späteren Jahren eine größere Anerkennung seines Wirkens. Heute wird Hohoff als einer der Wegbereiter der katholischen Sozialforschung gesehen. „Wilhelm Hohoff hat durch seine Publikationen einen wichtigen Dialog-Beitrag innerhalb der Theologie und dabei besonders für die Christliche Gesellschaftslehre und Sozialpastoral geleistet“, würdigt der Paderborner Diözesanadministrator Monsignore Dr. Michael Bredeck das Lebenswerk des Geistlichen.
Nach Wilhelm Hohoff ist in Petershagen seit 1948 die Hohoffstraße benannt, an der die katholische Kirche und das Gemeindehaus liegen.
Das Jahr 2023 stand in Petershagen besonders unter dem Gedenken an Pastor Wilhelm Hohoff. Bereits am 11. Februar 2023 wurde aus Anlass seines 100. Todestags ein festlicher Gottesdienst in St. Elisabeth gefeiert.
Am 4. November 2023 fand dann eine besondere Veranstaltung statt: gemeinsam organisiert von der katholischen Kirche und der SPD.
Den Auftakt der Festveranstaltung bildete um 15 Uhr die Festmesse in St. Elisabeth, der Propst Falkenhahn vorstand. Zu Beginn des Hochamtes begrüße Offizial Domvikar Hans Jürgen Rade aus Paderborn die Anwesenden, als Vertreter des Erzbistums. In einem kurzen Rückblick verwies der Offizial darauf, wie sich die kirchliche Bewertung des Wirkens von Pastor Hohoff gewandelt habe: Von Skepsis und Maßregelung zu seinen Lebenszeiten, hin zu großer Wertschätzung und Dankbarkeit und der Wahrnehmung seines Wirkens als “Brückenschlag” heutzutage. Die Festpredigt hielt Msgr. Prof. Dr. Peter Schallenberg, Professor für Moraltheologie und Ethik an der Theologischen Fakultät Paderborn.
Nach dem Gottesdienst wurde am Gemeindehaus Hohoffstraße 2, wo früher das Pfarrhaus stand, eine Gedenktafel an Pastor Hohoff enthüllt. Eine solche Tafel war bereits 1948 durch den damaligen Petershäger Stadrat beschlossen worden. Sie wurde jedoch nie angebracht.
Um 17 Uhr begann dann der Festakt im Alten Amtsgericht der Stadt Petershagen. Am Anfang standen Grußworte von Micha Heitkamp, stellvertretender Kreisvorsitzender der SPD Minden-Lübbecke, und von Peter Kock, Vorsitzender des Mindener Geschichtsvereins.
Im Festvortrag referierte die Vorsitzende des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD Karin Kortmann, Staatssekretärin a.D., zum Thema „Als Katholikin und Sozialdemokratin politische Verantwortung wahrnehmen – was heißt das heute?“.
Anschließend übergab Wolfgang Battermann, der sich seit vielen Jahren in Petershagen mit Hohoff beschäftigt hat, seine umfangreiche Sammlung an Unterlagen an das Archiv der Domgemeinde Minden. Da die physische Übergabe im Rahmen des Festakts zu umfangreich gewesen wäre, blieb es zunächst bei der symbolischen Überreichung eines Originalfotos von Wilhelm Hohoff, das dieser in seiner Petershäger Zeit in Minden anfertigen ließ.
Nach einem herzlichen Dank an die Organisatoren Pastor Jakob Jan Küchler und Karl-Heinz Meilwes klang die gelungene Festveranstaltung mit einer „Begegnung am Büffet“ aus.
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